Process Mining ist ein höchst effektives Werkzeug, um aus vorhandenen Daten handfeste Maßnahmen für Kostensenkungen und die Steigerung des Unternehmenserfolges abzuleiten. Selten war der Schritt von der Datenvisualisierung und -analyse hin zu einer geschäftlichen Nutzung der gewonnenen Erkenntnisse kleiner.
Dennoch höre ich im Projektalltag immer wieder, dass die digitale Prozessanalyse eher eine Sache für Theoretiker sei und in der Praxis nicht viel bringe. Woher kommt dieser Eindruck? Eine Ursache – so viel kann ich vorwegnehmen – ist, dass Unternehmen zu viel sofort und auf einmal wollen. Schauen wir uns vor diesem Hintergrund ein konkretes Beispiel an und stellen dem ein bewährtes Process Mining Vorgehen gegenüber, mit dem unser Team das Thema schon oft in Unternehmen erfolgreich verankert hat.
Zu viele Details verwirren
Erst kürzlich haben wir Process Mining mit großen Hoffnungen in einem Pilotprojekt verprobt. Die Verantwortlichen versprachen sich davon ein universelles Werkzeug für sämtliche Aufgaben der Prozesssteuerung im Unternehmen. Mit einem Schlag sollten direkt eine Vielzahl an Fragestellungen beantwortet werden. Deshalb wurden möglichst viele Prozessdaten aus unterschiedlichsten Quellen zusammengetragen und in die entsprechende Software eingespielt.
Das Ergebnis: Auf jeden Fall nicht das gewünschte. Tatsächlich waren durch die extreme Detailtiefe der Datenvisualisierungen nur noch wenige Spezialisten in der Lage, Effekte und Einflussgrößen im Prozessgeschehen zu identifizieren und nutzbar zu machen.
Fangen Sie klein an
Was hätte beim Process Mining Vorgehen anders laufen sollen? Es liegt auf der Hand: Fangen Sie lieber klein an und steigen Sie direkt mit konkreten Prozessthemen ein. Hierfür sollten Sie sich die folgenden Fragen stellen:
- Welchen Prozess will ich als ersten analysieren?
- Welches Ziel verfolge ich mit dieser Prozessanalyse?
- Welcher Geschäftsfall steht hinter dem Prozess?
- Welche Ereignisse benötige ich, um den Prozess darzustellen?
- Welche konkreten Fragen und Zielsetzungen habe ich bereits?
Mit den Antworten schaffen Sie einen sinnvollen Rahmen für den Einstieg in Process Mining. Wie aber lassen sich die genannten Punkte am besten ausformulieren? Wir nutzen hierbei einfache User Stories, wie sie aus der agilen Softwareentwicklung bekannt sind.
Prozesslandkarte verschafft Übersicht
Die User Story bringt in wenigen Sätzen auf den Punkt, welchem Zweck ein Prozess dient, wer die Verantwortung trägt und was die Erwartungshaltung ist. Solche Zusammenfassungen sind bereits bei der Beantwortung der ersten Frage – nämlich jener nach der Priorisierung einzelner Prozesse – sehr hilfreich. Mit der Hilfe von User Stories können Sie schnell und effektiv diverse Prozesse aus den Fachbereichen in Form erfassen und in einer sogenannten Prozesslandkarte zusammenführen.
Die Prozesslandkarte verschafft Ihnen einen Überblick über alle Prozesse in Ihrem Unternehmen und deren Zielsetzung. Dank der User Stories wird schnell ersichtlich, mit welchem Prozess Sie sinnvollerweise Ihre Process-Mining-Initiative starten sollten.
Definition und Analyse des Prozesses
Danach steigen Sie in die vertiefende Analyse des von Ihnen priorisierten Prozesses ein – ebenfalls auf Basis der User Story. Nehmen wir als Beispiel einen Prozess rundum die Aktivierung eines technischen Produktes, wie etwa eines Mobilfunk-Anschlusses. Die dazugehörige User Story könnte folgendermaßen lauten:
Ich als Verantwortlicher für die technische Bereitstellung des Mobilfunk-Anschlusses möchte den Ablauf der Bereitstellung über die Systeme A/B/C beobachten. Zielsetzung ist eine möglichst hohen Bereitstellungsquote.
Alternativ könnten hier auch eine geringere Durchlaufzeit oder die Reduzierung manueller Arbeitsschritte als Ziel formuliert werden. Aber das Grundprinzip dürfte klar sein. Das Objekt unserer Analyse – also die betreffende User Story – bildet unseren Rahmen, in dem dann verschiedene Prozessfälle auftreten können. Ein Fall könnte beispielsweise der konkrete Kundenwunsch zur Aktivierung eines bestimmten Tarifs sein. Er definiert damit den Detailgrad der User Story und hat häufig schon eine Filterung zur Folge – denn alle Situationen entfallen, bei denen kein Kundenwunsch am Anfang steht.
Sie können nun die dazugehörigen Ereignisse näher betrachten, wie etwa:
- Eingang eines Kundenwunsches
- Anlegen der Order
- Übermittlung an System A/B/C
- Alle Entscheidungen (automatisch/manuell)
Anhand ihres Zeitstempels lassen sich die Ereignisse schließlich in eine zeitliche Abfolge bringen und analysieren. Dabei kann es nicht schaden, die bereits bekannten Schwachstellen zu erfassen und das Optimierungsziel weiter zu konkretisieren. Mit diesem sogenannten Event Log ist es dann sehr einfach, die Bereitstellungsquote kontinuierlich zu prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Optimierung einzuleiten.
Fachlichkeit hat Vorrang
In dieser Projektphase haben die fachlichen Ansprechpartner das Sagen. Technisch Verantwortliche können nur ein Veto einlegen, wenn etwas nicht möglich ist und Alternativen erforderlich sind. Im Anschluss wird das Projekt komplett agil fortgeführt: Das erste Process-Mining-Modell wird bereitgestellt und gegebenenfalls durch weitere Ereignisse, zu untersuchende Ausprägungen oder zusätzliche User Stories ergänzt.
Wollen auch Sie mit dem richtigen Process Mining Vorgehen die Abläufe in Ihrem Unternehmen systematisch effizienter zu gestalten? Dann schauen Sie mal auf der Seite Process Mining vorbei oder informieren Sie sich über unseren Workshop Process Mining: Geschäftsprozesse optimieren und automatisieren.
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