Alle unserer Kunden befassen sich intensiv mit ihren Daten und befinden sich auf dem Weg zur sogenannten Data Driven Company – sprich: einem Unternehmen, bei dem sich sämtliche internen und externen Prozesse auf Daten stützen und das mitunter sogar ganz neue, datenbasierte Geschäftsmodelle aufbaut. Allerdings gibt es darunter nur wenige Unternehmen, die diesen Transformationsprozess so konsequent vollziehen, wie die E-Recruiting-Experten von GermanPersonnel. Daher möchte ich Ihnen dieses Projekt etwas genauer vorstellen und ein paar der grundlegende Erfolgsfaktoren für den digitalen Wandel herausarbeiten.
Zudem zeigt das Beispiel sehr schön, dass ein so umfassender Transformationsprozess nicht nur großen Konzernen vorbehalten ist. Im Gegenteil: Gerade bei der Digitalisierung im Mittelstand können die unumgänglichen Fehlläufe schneller weggesteckt und Ziele einfacher umpriorisiert werden. Zumindest sind bei kleineren Unternehmen keine ausgefeilten Organisationsformen erforderlich, um die gewünschten Fortschritte zu erzielen – vorausgesetzt, alle Beteiligten pflegen eine enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit über Bereichs- und Unternehmensgrenzen hinweg.
Eine erste Übersicht:
- Ausgangssituation: Daten + Bauchgefühl
- Schritt 1: Aufbau einer einheitlichen Datenbasis
- Schritt 2: Agil zum Ziel
- Schritt 3: Anforderungen flexibel priorisieren
- Schritt 4: Datengetriebene Produkte
- Schritt 5: Alle Mitarbeiter arbeiten mit Daten
Ausgangssituation: Daten + Bauchgefühl
GermanPersonnel bietet seinen Kunden Software und Services für die Mitarbeitersuche im Internet. Das Unternehmen arbeitet mit Deutschlands größten Personaldienstleistern und Jobportalen zusammen. Kernprodukt ist die Software PERSY, mit der die GermanPersonnel-Kunden Stellenanzeigen entwerfen und in Jobbörsen platzieren sowie Bewerbungen managen können. Die resultierenden Daten wurden ursprünglich nur punktuell genutzt, beispielsweise für die Weiterentwicklung von Geschäftsprozessen, Produkten und Algorithmen zur intelligenten Kanalauswahl. Auch eine erste Statistik wurde in die Software integriert. Neben Daten flossen aber immer noch die vorhandene Expertise sowie eine Prise Bauchgefühl in Entscheidungsprozesse ein.
Auf diese Weise hat sich unser Kunde spezielle Alleinstellungsmerkmale am Markt für E-Recruiting verschafft. Gleichzeitig war den Verantwortlichen klar, dass sie sich einerseits mit diesem Leistungsspektrum nicht dauerhaft von der wachsenden Konkurrenz werden abheben können und dass sich andererseits in den verfügbaren Daten noch viel Potenzial verbarg. Daher entschloss man sich 2017 bewusst für den Wandel zu einer datengetriebenen Organisation. Neue Ziele wurden formuliert, wie automatische Empfehlungen bei der Erstellung von Stellenanzeigen sowie Vorhersagen über die zu erwartenden Bewerberzahlen. Zudem sollten Daten auch intern, etwa im Rahmen eines umfassenden Reportings, von allen Mitarbeitern genutzt werden.
Schritt 1: Aufbau einer einheitlichen Datenbasis
Das war dann auch der Zeitpunkt, an dem wir in das Projekt eingestiegen sind. Bereits eine erste Status-Quo-Analyse führte zu Tage, dass GermanPersonnel zwar über umfangreiche Datenbestände verfügte, sich diese aber mangels Struktur nicht für übergreifende Auswertungen eigneten. Entsprechend hätten sich die gesetzten Ziele nur begrenzt realisieren lassen. So musste unser Kunde bereits zum Einstieg eine wegweisende Entscheidung treffen: Werden die verfügbaren Datentöpfe weiterhin autark behandelt, um schnell – aber dafür eingeschränkt – neue Erkenntnisse zu gewinnen? Oder sollten wir uns die Zeit für eine Konsolidierung nehmen und mit einem Data Warehouse (DWH) eine valide Grundlage für die Umsetzung der Anforderungen schaffen?
Die Wahl fiel auf letztere Variante. In der Folge haben wir ein modernes Cloud-DWH aufgebaut, das dank seiner modularen Services u.a. folgende Vorteile bietet:
- Ressourcen für die Entwicklung können nach Bedarf in Anspruch genommen werden
- die Lösung kann mit der Anzahl der Kunden und Kennzahlen flexibel wachsen
- problemlose Anbindung an die Infrastruktur, wie z.B. vorhandene Datenquellen
- Schnittstellen zur Verknüpfung von PERSY lassen sich einfach bereitstellen
So konnten wir bereits kurzfristig neue Statistiken für die Kunden ausrollen, die weitaus performanter und detaillierter als die ursprünglichen Versionen waren. Zudem ließen sich die resultierenden Berichte nahtlos in die Arbeitsumgebung der Kunden einbetten.
Schritt 2: Agil zum Ziel
Es deutet sich schon an: Agilität ist eine Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Wandel zur Data Driven Company. Denn: Wie bei BI- und Big-Data-Projekten üblich, lassen sich die komplexen Anforderungen niemals vollständig vorhersehen und planen. Daher haben beim GermanPersonnel-Projekt alle Beteiligten konsequent agile Vorgehensweisen genutzt, wobei der Fokus auf einer an Scrum angelehnten Methodik lag. Auf diese Weise konnten Änderungswünsche schnell und flexibel in die Lösung einfließen. Gleichzeitig ließen sich einzelne Funktionen – wie eben die Statistiken – frühzeitig in Betrieb nehmen.
Befördert wurde das agile Projektmanagement durch eine teamorientierte Firmenkultur, die eine enge Zusammenarbeit über Abteilungs- und auch Unternehmensgrenzen hinweg vorsah. So hat der laufende, interdisziplinäre Austausch zwischen Product Ownern, UI-Spezialisten und Entwicklern einen wichtigen Beitrag zum Projekterfolg geleistet. Oft wurden Abteilungen gezielt an einen Tisch gebracht. Die Rolle des Moderators übernimmt in solchen Situationen idealerweise derjenige, der eine ganzheitliche Sicht auf die Daten hat. Das kann ein Product Owner oder BI-Spezialist sein. Im Fall von GermanPersonnel waren wir das.
Schritt 3: Anforderungen flexibel priorisieren
Mit dem DWH als stabiler Grundlage wollten wir uns nun auf die Vorhersage von Klicks und Bewerberzahlen anhand der Eigenschaften einer geplanten Stellenanzeige konzentrieren. Zu diesem Zweck haben unsere Data Scientists verschiedene Modelle auf Basis von Eingangsdaten trainiert, wie etwa
- Beruf
- Region
- Zeitpunkt der Schaltung
- Sprache
- gewünschte Kompetenzen
Gemäß der agilen Prämisse sind wir beim Training iterativ vorgegangen. Zwischenergebnisse wurden immer wieder mit der Erwartungshaltung – und auch dem Bauchgefühl – der Anforderer abgeglichen. Dabei zeigte sich jedoch, dass die Vorhersagen nicht die gewünschten Erfolgsquoten erreichten. Weitere Analysen führten zu Tage, dass die Qualität vor allem der Klickdaten noch nicht genügte.
Diese Erkenntnis war nur bedingt ein Rückschlag. Dank des agilen Ansatzes konnten wir die Anforderungen relativ einfach umpriorisieren. Wie sich im Zuge weiterer Tests herausstellte, war die Datenqualität vollkommen ausreichend für die Umsetzung eines Empfehlungswesens sowie des internen Reportings. Infolgedessen konzentrierten wir uns vorerst auf diese Aufgaben. Parallel startete GermanPersonnel ein unabhängiges Projekt, bei dem die Datenqualität weiter verbessert werden sollte. Die Vorhersage von Erfolgskennzahlen für Stellenanzeigen wurde bis auf weiteres ausgesetzt.
Schritt 4: Datengetriebene Produkte
„Empfehlungswesen“ bedeutet für GermanPersonnel, dass der Kunde während der Erstellung von Anzeigen automatisiert Tipps für deren Optimierung erhält, wie
- Formulierung und Länge von Titeln
- Gestaltung von Anzeigentexten
- Platzierung der Anzeigen
- Kostenpflichtige Kampagnen
Grundlage bilden hierbei umfangreiche Datenbestände zu vergangenen Stellenschaltungen, die aufbereitet im DWH vorlagen. Für die Umsetzung haben wir wieder einen iterativen Ansatz gewählt und mit einem prototypischen Vorgehen kombiniert. Das heißt: Die Projektbeteiligten haben direkt einen vertikalen Durchstich vorgenommen. Neben dem produktiven System wurde eine den fachlichen Anforderungen entsprechende Teststrecke aufgebaut, die die notwendigen Daten zusammenführt. Die Daten wurden nach Bedarf aufbereitet und zum einen den Entwicklern der Oberfläche über Schnittstellen bereitgestellt. Zum anderen konnten fachliche Tester über einen einfachen Cube die Validität der Ergebnisse prüfen.
Durch dieses Vorgehen ließen sich die relevanten Quelldaten direkt fachlich bewerten. Gleichzeitig bestand die Möglichkeit, die Umsetzung in der Anwendung zu prüfen. So bedurfte es nur weniger Iterationen und Anpassungen, bis der Prototyp in das DWH übernommen und für die Kunden als Service bereitgestellt werden konnte.
Schritt 5: Alle Mitarbeiter arbeiten mit Daten
Mit dem gleichen Ansatz haben wir das interne Reporting vorangetrieben, wobei der Fokus auf der Anbindung weiterer Quellsysteme lag, wie zum Beispiel CRM und ERP. Ein multidimensionaler Cube ermöglicht den Mitarbeiter nunmehr Erkenntnisse auf unterschiedlichen Ebenen:
- Kundenanalysen (360°-Blick), z.B. für das Churn-Management
- Marktanalysen, z.B. für die Planung von Kontingenten in Jobbörsen
- Forecastberechnungen
Alles in allem können sich die Mitarbeiter stärker auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, da sie nun einen deutlich einfacheren Zugriff auf weitaus größere Datenbestände haben. Vor allem aber ist ein Bewusstsein für die eigenen Daten sowie deren Bedeutung für andere Unternehmensbereiche gewachsen. Aussagen, wie „Was müssen wir bei der Datenpflege berücksichtigen, damit andere effektiver damit arbeiten können?“ zeugen davon, dass die Anerkennung des Wertes von datenbasierten Informationen immer weiter steigt. Vielmehr noch entwickelt sich über das gesamte Unternehmen hinweg eine Datenkultur, die eine grundlegende Voraussetzung für den Wandel zur Data Driven Company darstellt. Als Konsequenz wird auch das bis dato so wichtige Bauchgefühl zunehmend durch Ableitungen aus verfügbaren Daten abgelöst.
Nicht zuletzt ist unser Kunde im Begriff, das auf dem bisherigen Weg gewonnene Know-how im Unternehmen nachhaltig zu verankern. Das Unternehmen baut dedizierte Ressourcen auf, die sich mit den Themen Reporting und Analysen auseinandersetzen. Zudem werden aus den Fachbereichen zu Data Analysten bzw. Data Scientists weitergebildet, die einerseits Daten fachlich verstehen und andererseits diese mit den entsprechenden Self-Service-Werkzeugen analysieren können.
Ausblick
Damit befinden wir uns schon in der Gegenwart. Mit Snowplow haben wir zwischenzeitlich ein Tracking-Tool in die Lösung implementiert, das exakte Informationen zur gesamten Candidate Journey liefert. So sind auch valide Erfolgsprognosen für GermanPersonnel zur handfesten Realität und gleichzeitig einem echten Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb geworden. GermanPersonnel hat das große Ziel einer Data Driven Company also fast erreicht – wohlgemerkt fast: Es gilt nach wie vor, erforderliches Know-how in das Unternehmen weiter zu implementieren. Ebenso existiert noch keine umfassende Data Governance. Das fehlende Regelwerk kann bislang durch die teamorientierte Firmenkultur aufgefangen werden. Spätestens aber bei einem künftigen Wachstum muss der Umgang mit Daten im Unternehmen genauer festgeschrieben werden.
Digitalisierung im Mittelstand – wollen auch Sie den digitalen Wandel Ihres Unternehmens zielgerichtet vorantreiben und sich mit Ihren Daten einen nachhaltigen Wettbewerbsvorsprung verschaffen? Dann informieren Sie sich weiter auf der Seitnen Datenstrategie und BI & Data Analytics oder besuchen Sie unser Data Strategy Assessment.
Sehen Sie sich jetzt das Video zum digitalen Wandel von German Personnel an:
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