Der stationäre Handel hat es nicht leicht. Kundenwünsche werden immer individueller und wechseln immer häufiger. Dabei erwarten die Verbraucher ein maßgeschneidertes Einkauferlebnis, das dem der Online-Konkurrenz zumindest nahekommt. Vor allem große Handelsketten sind gefordert: Sie müssen das Warenangebot zunehmend flexibel auf regionale Besonderheiten ausrichten. Gefragt ist eine dynamische Sortimentsgestaltung, die sich an die jeweilige Kundenstruktur einzelner Filialen kontinuierlich anpasst.
Aber wie können Category Planner oder Filialleiter dieser Herausforderung begegnen? Schließlich bewegen Sie sich laufend auf dem schmalen Grat zwischen einer zu umfangreichen und einer zu eingeschränkten Produktpalette. Eine Lösung bietet Künstliche Intelligenz (KI), die mit den operativen Daten zu Verkaufszahlen trainiert wird. Sie ermöglicht Ihnen eine tiefgehende Kundensegmentierung, mit der sich bei der Sortimentsgestaltung einzelne Ausprägungen wie Regionen, Artikelkategorien, Produktanzahl oder Zeiträume schnell und unabhängig voneinander bestimmen lassen.
Kundensegmentierung ist komplexer geworden
Natürlich kommen die neuen Anforderungen an die Sortimentspolitik nicht von ungefähr. Es sind Ihre Kunden – und mit ihnen die Kundensegmente – die nicht mehr das sind, was sie mal waren. So haben verhältnismäßig überschaubare Typisierungen nach traditionellen Milieus, auf die Sie sich jahrzehntelang stützen konnte, langsam ausgedient. An deren Stelle treten vielfältige Sinus-Milieus, die sich laufend an die soziokulturellen Veränderungen in der Gesellschaft anpassen. Klassische Aufteilungen alleine in preissensible und wohlhabende Kunden spiegeln die Realität kaum noch wieder. Stattdessen rücken diverse Aspekte wie Alter, Einkommen, Lebensauffassung und Lebensweise in den Fokus. Das hat beispielsweise zur Folge, dass Ihr Vertriebskonzept nun mehrere Kundensegmente in einer Preiskategorie beachten sollte.
Eine detailgenaue Segmentierung wird also immer wichtiger. Gleichzeitig ist sie aber auch schwieriger. Klassische Methoden, etwa mittels Tabellenkalkulation, geraten bei den beschriebenen Anforderungen schnell an ihre Grenzen. Sie kosten nicht nur viel Zeit und Arbeitskraft. Letztlich ermöglichen diese auch nur stichprobenartige Analysen zu einzelnen Filialen, die dann wieder verallgemeinert werden. Zudem herrscht bei vielen Unternehmen die Annahme, dass nicht genügend Daten vorlägen und zumindest Informationen aus Treuesystemen wie Kundenkarten erforderlich seien. Tatsächlich genügen für eine differenziertere Betrachtung aber bereits Angaben zur Anzahl und dem Zeitpunkt von Verkäufen – vorausgesetzt, diese werden in Kombination mit den richtigen Technologien genutzt.
Artikelcluster bilden die Basis für KI im Handel
Ausgangspunkt für unsere dynamische Kundensegmentierung und schließlich Sortimentsgestaltung bildet ein KI-gestütztes Artikelclustering. Im Prinzip handelt es sich um eine Warenkorbanalyse, wie sie sonst aufwändig manuell durchgeführt wird. Dieses Vorgehen ist jedoch von vielen Annahmen und Schätzungen geprägt. Oft erscheint es unmöglich, die ganzen Abhängigkeiten zwischen den unterschiedlichen Produkten – und damit die Chancen auf ein Cross-Selling – zu erkennen.
Bei unserem Artikelclustering füttern Sie einen passenden KI-Algorithmus mit den konsolidierten Daten zu Verkaufszahlen und -zeitpunkten der einzelnen Filialen. Die entsprechenden Daten stellen Sie beispielsweise über ein Modern Data Warehouse bereit. Die KI erkennt daraufhin automatisch die Beziehungen zwischen unterschiedlichen Artikeln. Produkte, die tendenziell zusammengekauft werden, bilden ein Artikelcluster. Dabei können Sie ein Produkt auch mehreren Clustern zuordnen. Für einen tiefgehenden Erkenntnisgewinn lassen sich die Cluster ebenso regional oder temporär betrachten.
Aus Artikelclustern werden Kundensegmente
Im Anschluss ordenen Sie die Artikelcluster einzelnen Kundensegmenten zu. Auch dieser Vorgang lässt sich vollständig automatisieren, wobei die KI im Handel die entsprechenden Kundensegmente selbstständig bildet. Das hat allerdings einen Nachteil: Da Sie ausschließlich Daten zu Einkäufen aus der Vergangenheit verwenden, handelt es sich immer nur um eine Momentaufnahme. So können beispielsweise potenzielle Kundensegmente unter den Tisch fallen.
Insofern ist es erfolgsversprechender, wenn Sie die Kundensegmente von Personen mit umfassendem Business-Know-how erstellen lassen. Das heißt: Sie legen auf Basis der verschiedenen Artikelcluster sowie der strategischen Positionierung des Unternehmens fest, wie viele Kundensegmente gebildet werden sollen und wie diese auszusehen haben. Bei der Klassifizierung können Ihnen die angesprochenen Sinus-Milieus als Unterstützung dienen. In diesem Kontext ordnen Sie die verschiedenen Kundengruppen anhand ihrer Grundorientierung und sozioökonomischen Lage in einer Matrix an. Auch eine Unterteilung nach dem Zweck des Besuchs – z.B. Wocheneinkauf oder Mittagssnack – kann sinnvoll sein. Ein Segment beinhaltet dann ein oder mehrere Artikelcluster.
Alternativ zu den Sinus-Milieus können Sie die Kundensegmente auch mit Hilfe von Personas bilden. Sie beschreiben also typische Vertreter einer Gruppe mit konkret ausgeprägten Eigenschaften und einem konkreten Einkaufsverhalten. Den Personas ordnen Sie dann auch wieder ein oder mehrere Cluster zu.
Von Kundensegmenten zur Sortimentsgestaltung
Sobald die Kundensegmente definiert sind, kann das Category Management alle relevanten Business-Fragen zur Sortimentsgestaltung in einzelnen Filialen schnell und effektiv beantworten. Dabei lassen sich die entsprechenden Abfragen direkt in eine Business-Intelligence(BI)-Lösung integrieren. Die Ergebnisse werden dann automatisch z.B. in Power-BI-Berichten dargestellt – also ein typisches Beispiel für die heutzutage gängige Kombination zwischen BI und KI.
Zu den Fragen, die Sie über das Datenmodell stellen können, zählen beispielsweise:
- Welche Kundengruppen sind in bestimmte Regionen am häufigsten vertreten?
- Welche Kundengruppen nehmen in der Region zu, welche nehmen ab?
- Welche Filialen sollten aufgrund der Kundenstruktur modernisiert werden?
- Welche Produkte sollten in das Sortiment aufgenommen, welche gestrichen werden?
- Warum sind Produkte wenig erfolgreich, obwohl das Artikelcluster wächst?
- Welche Produkte sollten in der Filiale anders präsentiert und platziert werden?
- Sollte die Produktbreite in bestimmten Kundensegmenten erweitert werden?
- Welche Artikel werden von mehreren Kundengruppen gekauft und sollten in verschiedenen Varianten angeboten werden?
Natürlich handelt es sich hierbei nur um eine kleine Auswahl an möglichen Fragen. Sie können die Liste beinahe beliebig erweitern. Aber es dürfte bereits deutlich werden, dass sich das Warenangebot durch den Beitrag von KI im Handel viel differenzierter und gezielter auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden vor Ort ausrichten lässt.
Möchten Sie mehr zum Einsatz von KI im Handel und in Ihrem Unternehmen erfahren? Dann informieren Sie sich weiter auf der Seite Künstliche Intelligenz oder besuchen Sie unser Training Künstliche Intelligenz: Einstieg in die Planung von KI-Projekten.
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